Von: Jane Schubert
Jane Schubert ist Senior Digital und Marketing Officer beim MSC in Berlin.
Was steht 2019 für die Meere an? Neue Plastikstrategien, neue Bündnisse und neue Meeresschutzgebiete stehen auf dem Plan. Wir stellen ein paar spannende Initiativen vor.
Die Welt bereitet sich auf 2020 vor, denn in diesem Jahr werden eine ganze Reihe Klimaschutzziele fällig. Dazu gehören beispielsweise Ziele des siebten EU-Umweltaktionsprogramms mit dem Titel „Gut leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten“, des Klima-Energiepakets, der Strategische Plan zur Erhaltung der Artenvielfalt und die ersten Vorgaben der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs).
Doch davor gibt es noch einige spannende Entwicklungen in den verschiedensten Bereichen der Meerespolitik. Man darf gespannt und optimistisch bleiben – verschiedenste Akteure auf der ganzen Welt arbeiten hart an echten Veränderungen und Verbesserungen zur Erhaltung unserer Meere.
Zusammenarbeit im Marine Regions Forum
Die Erhaltung unserer Ozeane ist eine grundlegende Voraussetzung für globales nachhaltiges Handeln. Aber die Belastung der Meeresumwelt schreitet schneller voran, als Regierungen und multinationale Stakeholder darauf reagieren können. Meere, Strömungen und Fischbestände scheren sich nicht um Ländergrenzen. Eine erfolgreiche Meerespolitik muss also transnational sein.
Diesem Ziel soll das Marine Regions Forum der Partnerschaft für regionale Meerespolitik (PROG) dienen. Am Forum beteiligen sich verschiedene Interessenvertreter aus Wissenschaft, Regierungen, regionalen und internationalen Organisationen, Zivilgesellschaft und Industrie aus verschiedenen Meeresregionen und -sektoren. Es soll an kollektiven Strategien für wichtige Nachhaltigkeitsherausforderungen gearbeitet werden, z.B. an der Umsetzung der Agenda von 2030, dem Pariser Abkommen und der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der marinen Biodiversität auf der "Hohen See" (Areas beyond national jurisdiction, ABNJ). Das erste PROG Marine Regions Forum findet 2019 in Berlin statt.
Einwegplastikverbot in der EU
Wir Europäer erzeugen jedes Jahr 25 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle. Laut einer aktuellen wissenschaftlichen Analyse werden nur 9 Prozent aller hergestellten Kunststoffe jemals recycelt, 12 Prozent verbrannt und der Rest - 79 Prozent – wird deponiert oder gelangt auf anderen Wegen in die Umwelt (absichtlich oder unabsichtlich).
Seit einiger Zeit wird in der EU an der sogenannten Plastikstrategie gearbeitet. Im Mai 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission eine Richtlinie mit Fokus auf Einweg-Kunststoffe. Sie schlug ein neues Gesetz vor, um diejenigen Kunststoffprodukte zu verbieten, die den Großteil des Plastikmülls an europäischen Stränden ausmachen, unter anderem Plastikbesteck, Wattestäbchen, Strohhalme, Rührstäbchen, biologisch abbaubare Kunststoffe sowie Lebensmittel- und Getränkebehälter aus expandiertem Polystyrol. Diese sollen durch umweltfreundlichere Alternativen ersetzt werden. Auch müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass jährlich mindestens 50 Prozent der verlorenen plastikhaltigen Fischfanggeräte eingesammelt werden, mit einem Recyclingziel von mindestens 15 Prozent bis 2025. Die Gesetzgebung soll im Mai 2019 veröffentlicht werden. Die Mitgliedstaaten hätten dann zwei Jahre Zeit, um den Text der Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Anlandegebot in den europäischen Fischereien
Ein großes Problem der industriellen Fischerei besteht darin, dass ein großer Teil der Fänge ungenutzt wieder zurückgeworfen wird. Dieser sogenannte Discard machte in der Nordsee durchschnittlich 40 Prozent der Gesamtfangmenge aus.
Mit der Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik der Europäischen Union wurde die Anlandepflicht bzw. das Rückwurfverbot eingeführt, das seit 2015 schrittweise für alle Fischereien auf Fischarten umgesetzt wird, die einer Fangquote unterliegen. Fischer dürfen seitdem auch unerwünschte Fischarten oder zu kleine Fische nicht mehr über Bord werfen, sondern müssen ihre gesamten Fänge quotierter Arten mit in den Hafen bringen. Dadurch können genauere Daten über die tatsächlichen Fangmengen erhoben werden und so die Bewirtschaftung der Fischbestände verbessert werden. Ab Januar 2019 gilt die Verpflichtung des Anlandegebots für sämtliche europäischen Fischereien.
Meeresschutzmaßnahmen in Westafrika
Unter den westafrikanischen Ländern hat Kap Verde die bei weitem größte Meeresfläche - sie ist dreimal so groß wie das nächstgrößere Meeresgebiet der Region und umfasst fast 40 Prozent der nationalen Gewässer der Region. Die kapverdischen Gewässer beherbergen außerdem eine der größten Unechten Karettschildkröten-Populationen der Welt und sind Teil einer wichtigen Buckelwal-Wanderroute.
Die kapverdische Regierung hat bereits 19 Meeresparks in ihren Küstengewässern ausgewiesen. Nun wird im Rahmen eines Projekts des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen das Co-Management der Parks durch örtliche Gemeinden und kleine Fischereien getestet. Es waren Fischer selbst, die sich als Reaktion auf sinkende Fischbestände 2012 an die kapverdische Regierung wandten, um die Einrichtung eines Meeresparks zu fordern.
Überwachung der Emissionen in der Schifffahrt
Aktuell erfolgen ca. 90 Prozent des Welthandels auf dem Seeweg. Als wichtige Knotenpunkte gehören die Nord- und Ostsee zu den am häufigsten und dichtesten befahrenen Meeren der Welt. Rund 90 Prozent der gesamten Frachtschiffflotte werden mit Schweröl angetrieben und der Seeverkehr verursacht 2,2 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Aufgrund intensiver Klimaschutzbemühungen der letzten Jahre steigt auch der Druck auf die Schifffahrt, einen angemessenen Beitrag zum Erreichen der globalen Klimaschutzziele zu leisten.
Im Januar 2019 tritt die Überwachungspflicht für den Kraftstoffverbrauch und andere relevante Daten zur Energieeffizienz der IMO DCS in Kraft. Die IMO DCS bezeichnet das Data Collection System (DCS) der Internationalen Schifffahrts-Organisation (International Maritime Organisation, IMO), die wiederrum eine Reaktion auf die EU-MRV-Richtlinie zur Überwachung, Berichterstattung und Überprüfung der Kohlendioxidemissionen (CO2) des Seeverkehrs ist. Die IMO DCS sowie die MRV-Richtlinie gelten für alle Schiffe über 5000 BRZ auf internationalen Fahrten zu oder von Anlaufhäfen im europäischen Wirtschaftsraum.
Ocean Stewardship Fund
Während sich das Problem der Überfischung in den Gewässern der weitentwickelten Länder langsam bessert, ist das Bild im "globalen Süden" – also auf der Südhalbkugel, wo sich die meisten Entwicklungsländer befinden – nicht rosig. Hier leben 97 Prozent aller Kleinfischer, und immer mehr Fangboote jagen immer weniger Fisch. Der Grund dafür? Die Nachfrage nach Fisch hat einen historischen Höchststand erreicht. Dank nachhaltigerer Managementpraktiken wird in Industrieländern weniger Fisch gefangen – aber um den Bedarf trotzdem zu decken, werden die Importe aus Schwellenländern erhöht. 73 Prozent der globalen Menge an Fisch werden heute in den Entwicklungsländern gefangen, und der Druck auf die dortige Fischerei nimmt zu. Nur 14 Prozent der MSC-zertifizierten Fischereien befinden sich in Entwicklungsländern.
Der MSC hat einen Fonds und eine Initiative namens Pathway to Sustsinability (Der Weg zur Nachhaltigkeit) eingerichtet, um kleine Fischereien und Fischereien in Entwicklungsländern auf ihrem Weg zur Nachhaltigkeit zu unterstützen. Wir haben jahrelange Erfahrung in der Zusammenarbeit mit datenarmen Fischereien und haben einzigartiges Wissen über Hürden, die diese Fischereien daran hindern, nachhaltig zu agieren. Der Fonds ist ein wichtiges Mittel, um Überfischung nicht nur vor unserer eigenen Haustür, sondern global zu bekämpfen.
Warum sind die Meere so wichtig?
Die Weltmeere spielen für unseren Planeten eine lebenswichtige Rolle: Sie bedecken mehr als 70 Prozent der Erdoberfläche, regulieren das Klima und liefern den nötigen Sauerstoff zum Überleben. Sie bieten Lebensraum für über 2 Millionen Arten von Lebewesen. Und sie sind eine wichtige Nahrungsquelle und Lebensgrundlage für viele Menschen.
Bedenkt man, wie eng die Ozeane mit unserem ökologischen und sozio-ökonomischen Wohlergehen verknüpft sind, wird einem bewusst, wie viel auf dem Spiel steht. Trotz vieler aktueller Frage- und Problemstellungen für die Weltmeere bleiben wir hoffnungsvoll. Der Schutz der Meere und der weltweiten Fischbestände rückt immer mehr ins öffentliche Bewusstsein, und damit auch die Forderungen zum Handeln an globale Organisationen, die noch nicht genug tun, um unsere Meere zu schützen.
Weitere Artikel
Mehr Meeresschutz für 2019
Was steht dieses Jahr in Sachen Meeresgesundheit auf dem globalen Plan? 2019 verspricht, ein wichtiges Jahr für die Meere zu werden.
Ein mexikanischer Meilenstein für den Thunfisch
30 Jahre Investitionen in Forschung und Nachhaltigkeit im tropischen Nordostpazifik tragen nun Früchte.
David gegen Goliath
Große oder kleine Fischerei: Was ist wirklich nachhaltiger?