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Von: Dan Averill

Dan Averill ist Senior Fisheries Manager für den MSC in Amerika.


Die MSC-Zertifizierung der Ringwadenfischerei auf Gelbflossen-Thunfisch und Echten Bonito im tropischen Nordostpazifik im September 2017 markiert einen besonderen Meilenstein in der mexikanischen Thunfischindustrie. 30 Jahre Investitionen in Forschung und Nachhaltigkeit in der Region haben ihre Früchte sichtlich abgeworfen.

Mehr als 65 Jahre nach Gründung der Inter-American Tropical Tuna Commission (IATTC), die mit dem Ziel, die Thunfischfischerei in 21 Ländern nachhaltig auszurichten ins Leben gerufen wurde, haben die bedeutendsten mexikanischen Fischereien der Region das MSC-Zertifikat für ihre Fischerei auf Echten Bonito (Skipjack) und Gelbflossen-Thun erhalten. Dafür wurden die Fischer fast zwei Jahre lang durch unabhängige Gutachter überprüft.

30 Jahre lang Kräfte bündeln für mehr Nachhaltigkeit

Blicken wir kurz zurück: Die kommerzielle Thunfischfischerei im nordöstlichen Pazifik existiert seit Mitte der 80er Jahre und wurde zu Beginn hauptsächlich von Fischern aus den USA betrieben. In den 90er Jahren kamen mexikanische Fischer hinzu. Damals stand die Fischerei jedoch aufgrund ihrer nicht-nachhaltigen Fangmethoden stark in der Kritik. Das Hauptproblem: der Beifang von Delfinen. Um diese Problematik zu verstehen, müssen wir ein bisschen ausholen, denn der Grund liegt in einem besonderen Phänomen, das weltweit nur in dieser Meeresregion zu beobachten ist. 


Delfine und Gelbflossen-Thun: eine besondere Symbiose

Während Skipjack-Schwärme sich in der Regel unabhängig im Meer bewegen, ist der Gelbflossen-Thun im Nordostpazifik untrennbar mit Delfinschulen verbunden. Die Delfine schwimmen an der Wasseroberfläche, der Gelbflossen-Thun im Schwarm bis zu 150 Meter darunter. Die Gründe dafür sind weitgehend unerforscht und unbekannt, aber dieses Schwarmverhalten ist nur bei ausgewachsenen, älteren Fischen dieser Art zu beobachten, und nicht bei jüngeren Exemplaren oder anderen Thunfischarten. Und so nutzen Fischer in der Region seit Jahrhunderten die Anwesenheit von Delfinen als Hinweis auf die Präsenz von Gelbflossen-Thun. Im nordöstlichen Pazifik wird Thunfisch in der Regel mit Ringwaden gefangen. Dabei wird ein Netz mithilfe eines Beibootes ringförmig um einen Fischschwarm ausgelegt und anschließend zusammengezogen.

Da die Delfine oberhalb der Thunfische schwimmen, waren die Delfinbeifänge bei dieser Art der Fischerei in der Vergangenheit enorm hoch und die mexikanische Thunfischfischerei galt aus Umweltperspektive Jahrzehnte lang als eine der umstrittensten Fischereien überhaupt. Im Jahr 1989, lag der Delfinbeifang bei 132.000 Tieren. Ein Umdenken in der Fischerei war dringend notwendig. Und dieses Umdenken hat stattgefunden.


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Seit den 90er Jahren hat die mexikanische Thunfischindustrie kontinuierlich in Wissenschaft, Forschung, Fanggerät, Management, internationale Abkommen und die Zusammenarbeit mit Umweltorganisationen investiert, um den Erhalt der Thunfischbestände und der Ökosysteme in ihrer Region für die Zukunft zu sichern und eine nachhaltige Bewirtschaftung zu ermöglichen. In den letzten 30 Jahren sind die Fischer nach und nach verschiedene Verpflichtungen und Vereinbarungen eingegangen. Unter anderem haben sie sich dem strengen internationalen Delfinschutzprogramm AIDCP (Agreement on the International Dolphin Conservation Program) verpflichtet, das auch von Umweltorganisationen wie Greenpeace und dem WWF unterstützt wird und von der UN-Welternährungsorganisation FAO nicht nur für seinen Erfolg beim Schutz der Thunfischbestände, sondern auch der mit dem Thunfisch assoziierten Delfine ausgezeichnet wurde.

Im Jahre 2014 gründeten die vier größten mexikanischen Fischereiunternehmen die Pacific Alliance for Sustainable Tuna, kurz PAST, als offizielles Nachhaltigkeitsbündnis für die Thunfischfischerei. Die PAST-Mitglieder vereinen auf sich über 90 Prozent der gesamten in Mexiko angelandeten Fangmengen an Gelbflossen-Thun und Echtem Bonito. Die Fischerei ist der größte Arbeitgeber im mexikanischen Bundesstaat Sinaloa und schafft dort über 30.000 Arbeitsplätze und generiert für die mexikanische Volkswirtschaft jährliche Einnahmen in Höhe von mehr als 750 Millionen US-Dollar.

Fischereifakten: Messbare Erfolge

Einige Erfolge, die die mexikanischen Fischer gemeinsam erzielt haben, im Überblick:  

  • Es ist gelungen, die Anzahl der verendeten Delfine im tropischen Nordostpazifik zwischen 1985 und 1997 um 99 % zu senken. Das internationale und unabhängige Delfinschutzabkommen AIDCP legt bindende Maßnahmen zur Reduzierung von Beifang in der Ringwadenfischerei fest und kontrolliert deren Umsetzung. Das AIDCP-Programm zählt dabei zu den strengsten Überwachungsprogrammen der Welt: Unabhängige Beobachter begleiten jede Fangfahrt, kontrollieren und dokumentieren die Einhaltung der Schutzmaßnahmen und sorgen dafür, dass hochwertige Daten erhoben werden.

  • Bei 95,5% Prozent der Fangfahrten wird heute nicht ein einziger Delfin getötet oder verletzt (weitere Informationen bietet der AIDCP-Bericht zum IDCP 2015). Dank langjähriger wissenschaftlicher Forschung gibt es umfassende Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Fischerei auf die im Nordostpazifik lebenden Delfine. Die neueste, im Jahr 2012 von Wissenschaftlern der IATTC abgeschlossene Analyse der Delfinbestände in der Region belegt, dass die dortigen Bestände stabil sind und sich in einem gesunden Zustand befinden.

  • Auch die Bestände an Echtem Bonito und Gelbflossen-Thunfisch im tropischen Nordostpazifik befinden sich in gutem Zustand und sind nicht überfischt.

  • 2015 haben sich die PAST-Mitglieder freiwillig zur Beendigung der Fischerei auf den stark überfischten Pazifischen Blauflossen-Thunfisch verpflichtet, damit sich dessen Bestände erholen können. Dieses Moratorium bleibt bis mindestens 2022 bestehen. Und das, obwohl der Fang dieser Thunfischart für die Fischer während des sommerlichen Fangbetriebs von Gelbflossen-Thunfisch und Echtem Bonito ein lukratives Nebengeschäft bedeutete. Diese bisher einmalige Schutzmaßnahme für Blauflossen-Thunfisch ist das Ergebnis der MSC-Bewertung der Fischerei auf die Zielarten Gelbflossen-Thunfisch und Echten Bonito.

Mit der MSC-Zertifizierung baut die Allianz nun weiter auf ihre Errungenschaften in puncto Nachhaltigkeit und liefert einen positiven Beitrag zum langfristigen Wohl der örtlichen Bevölkerung. Das MSC-Zertifikat gilt für 36 zugelassene Fangschiffe der PAST, die alle mit einer großen Crew, einem Hubschrauber und mehreren Schnellbooten ausgestattet sind. Sie fischt in einem der weltweit am stärksten kontrollierten und regulierten Meeresgebiete, mit einer Ausdehnung von über 14 Millionen Quadratkilometern.

Kein leichter Weg zur MSC-Zertifizierung

Der Weg hin zur erfolgreichen MSC-Zertifizierung war für die Fischer allerdings alles andere als leicht, die Kritik an den Fischereipraktiken der Vergangenheit enorm, vor allem in Bezug auf den Beifang von Delfinen. Die Fischerei musste in einem beinahe zweijährigen unabhängigen Beurteilungsprozess nachweisen, dass ihr Management effektiv ist und eine nachhaltige Bewirtschaftung der Thunfischbestände sowie der Erhalt des Ökosystems und seiner Bewohner langfristig gewährleistet ist. Um den strengen Anforderungen des MSC-Standards gerecht zu werden, hat PAST sich zu einem umfassenden langfristigen Aktionsplan verpflichtet.

Schutzmaßnahmen im Überblick

Die Methode der mexikanischen Fischer zählt mittlerweile zu den ökologisch selektivsten Fangtechniken und schützt neben den Thunfischbeständen gleichzeitig auch Haie, Rochen, Delfine, Schildkröten und andere wichtige Meeresbewohner.

  • Die Fischer bemühen sich sehr, dass alle Arten – abgesehen vom Thunfisch – lebend, unverletzt und möglichst stressfrei aus den Netzen entkommen können. Dafür werden unter anderem auf allen Schiffen speziell ausgebildete Taucher eingesetzt, die ins Netz tauchen und dafür sorgen, dass die Tiere vor dem Einholen des Netzes ungehindert wegschwimmen können.

  • Die Netze sind am unteren Ende mit einem besonderen Schutzeinsatz, dem so genannten „Medina Panel“, ausgestattet, damit andere Arten entkommen können, bevor das Netz eingeholt wird. Mit einem speziellen Manöver wird das Medina-Panel beim Einholen des Netzes tiefer ins Wasser gedrückt, so dass sich im Wasser eine Rinne bildet. Sollten Delfine im Netz sein, können diese dem Wasserstrom folgen und oberhalb des Netzes hinausschwimmen.

  • Daneben bieten Sondervorrichtungen an den Schwimmkörpern Verhedderungsschutz für andere Meeresbewohner. Große Maschenweiten stellen zusätzlich sicher, dass nur ausgewachsene Thunfische gefangen werden.

  • Zudem wird jedes PAST-Fangschiff von einem unabhängigen wissenschaftlichen Beobachter des AIDCP begleitet, um eine kontinuierliche Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen und alle Fänge exakt zu erfassen. Das AIDCP-Programm mit seinen rigorosen, objektiven Kontrollmechanismen zählt zu den strengsten Beobachterprogrammen der Welt. Die unabhängigen Beobachter sind direkt dem AIDCP direkt unterstellt und nicht der Industrie.

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Der Weg ist noch nicht zu Ende: Hausaufgaben für die Fischerei

Im Rahmen der MSC-Zertifizierung wurde dem Beifang von Delfinen besondere Aufmerksamkeit gewidmet, denn in diesem Punkt äußerten Umweltorganisationen Bedenken. Die Fischerei musste sich daher im Rahmen der Zertifizierung verpflichten, auch nach erfolgter Zertifizierung regelmäßig wissenschaftliche Daten zur Beurteilung der Delfinbestände im tropischen Ostpazifik vorzulegen. Dieser Verpflichtung, die in jährlichen Kontrollaudits überprüft wurde, ist die Fischerei zuletzt nicht mehr nachgekommen. Daher wurde ihr das MSC-Siegel nun wieder entzogen.  

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