Traditionelle Krabbenfischerei im Wattenmeer erneut zertifiziert
Die Krabbenfischerei in der deutschen, niederländischen und dänischen Nordsee erfüllt erneut die Anforderungen des MSC-Umweltstandards und erhält heute das MSC-Zertifikat für nachhaltige Fischerei. Diese Entscheidung folgt einem umfassenden, 14-monatigen Prüfverfahren durch unabhängige Fischereigutachter [1] und unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Daten und Informationen von Umweltorganisationen, Behörden und Fischerei.
Der MSC-Umweltstandard ist der weltweit strengste Standard für nachhaltige Fischerei und wird von den Vereinten Nationen als Indikator für den Erhalt der marinen Biodiversität anerkannt. Für die Nordseekrabbenfischerei ist es die zweite erfolgreiche MSC-Zertifizierung nach 2017, welche turnusgemäß ausgelaufen war.
Erhalt des Ökosystems Wattenmeer
Die Nordseekrabbenfischerei ist eine der letzten großen Fischereien Europas, für die es keine gesetzlichen Fangquoten gibt. Im Rahmen ihrer MSC-Zertifizierung hat sich diese Fischerei zu einer geregelten Befischung des Krabbenbestands und einem kontrolliert nachhaltigen Umgang mit dem Lebensraum Wattenmeer verpflichtet:
Der Nordseekrabbenbestand wird nicht überfischt. Ein im Kontext der MSC-Zertifizierung erarbeiteter Managementplan hat effektive Maßnahmen zum Schutz vor Überfischung etabliert, wie etwa fischereiliche Schließzeiten bei sinkenden Fängen oder eine Vergrößerung der Maschenweiten, um kleine Tiere zu schonen.
Die Krabbenfischerei im Wattenmeer hat keinen langfristig negativen Einfluss auf den Meeresboden und dort lebende Arten. Eine mehrjährige Studie des Thünen Instituts für Seefischerei ergab, dass sich das hochdynamische Wattenmeer sehr resilient gegenüber fischereilichen Störungen verhält, was mit seiner Anpassungen an die permanente natürliche Störung durch Ebbe und Flut zu erklären ist. Veränderungen in den stärker befischten Wattenmeer-Gebieten sind der Studie zu Folge nur zu ca. 9% den Netzen der Krabbenfischer zuzuschreiben. Und: Die festgestellten Auswirkungen der Grundschleppnetze verschwanden nach 12-22 Tagen wieder. [2]
Der Fisch-Beifang in der Krabbenfischerei ist laut wissenschaftlicher Daten zur EU-Anlandeverpflichtung [3] gering.
Die deutsche Nordseekrabbenfischerei hat darüber hinaus beschlossen, keine sogenannten Dolly Ropes – Kunststoffbänder, die die Netze vor Abrieb schützen – mehr einzusetzen. Die Fischerei nimmt damit eine Vorreiterrolle in der Bekämpfung der Plastik-Verschmutzung der Nordsee ein. "Dies ist eine bedeutende Entscheidung für den Schutz des Ökosystems Wattenmeer. Die deutschen Krabbenfischer hoffen, damit auch andere Fischereien zu ermutigen, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen", erklärt Philipp Oberdörffer, Fischereiberater der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.
Nachhaltige Fischerei – auch im Nationalpark
Der Nationalpark Wattenmeer, der in Deutschland fast die gesamte Nordseeküste abdeckt, umfasst unterschiedlichste marine Lebensräume – von sensiblen Habitaten, die vor Befischung geschützt werden müssen, bis hin zu solchen Lebensräumen, in denen Fischerei keinen nachhaltigen Schaden am Ökosystem bewirkt.
Nur etwa 40 Prozent des Nationalparks Wattenmeer werden von den MSC-zertifizierten Krabbenfischern befischt. In sensiblen Habitaten wie Seegraswiesen oder Muschelbänken fischen sie gar nicht. Die Fangaktivitäten der Krabbenfischer entsprechen den strengen Vorgaben des MSC-Umweltstandards, dem Bundesnaturschutzgesetz, den gesetzlichen Vorgaben für Nationalparks und der EU Habitat-Richtlinie.
Vivien Kudelka, Fischereireferentin MSC Deutschland, betont: „Wir unterstützen nationale und internationale Bemühungen zum Schutz der Meere und zu mehr Nachhaltigkeit in der Fischerei. Meeresschutzgebiete spielen dabei unbestritten eine wichtige Rolle. Allerdings sind wir der Meinung, dass dabei ein pauschales Verbot von Grundschleppnetzfischerei in allen Naturschutzgebieten, wie es derzeit diskutiert wird, nicht der richtige Weg ist – weder was die ökologische Notwendigkeit betrifft, noch in sozialer Hinsicht, also was die Fischer, ihre Lebensgrundlage und die Notwendigkeit der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung angeht“.
MSC-Siegel setzt positive Anreize
Die Zertifizierung der Krabbenfischer hat gezeigt, dass das Anreizsystem des MSC funktioniert: „Die Fischerei hat alle Kräfte in Bewegung gesetzt, den ökologischen Einfluss der Krabbenfischerei zu verstehen und zu minimieren, um das MSC-Siegel für nachhaltige Fischerei zu erhalten“, bestätigt Vivien Kudelka.
Die MSC-zertifizierte Nordseekrabben Fischereiflotte besteht aus rund 400 Kuttern und 10 Erzeugergemeinschaften aus Deutschland, Dänemark und den Niederlanden. Die zertifizierten Fischer sind überwiegend Familien- und Traditionsbetriebe, die seit mehreren Generationen in der Krabbenfischerei tätig sind. Gemeinsam fischten die zertifizierten Fischer zuletzt gut 20.000 Tonnen Krabben im Jahr, das entspricht mehr als 90 Prozent der gesamten Krabbenfänge in der Nordsee.
„Die MSC-Zertifizierung hat dazu geführt, dass wir im regen Austausch mit Wissenschaft und Umweltorganisationen stehen und uns stetig weiterentwickeln, um dem hohen Wert des Wattenmeeres für die Umwelt und uns Menschen Rechnung zu tragen“, sagt Philipp Oberdörffer.
Anmerkungen:
[1] Lloyds Register Quality Assurance
[2] Thünen: Auswirkungen der Garnelenfischerei auf den Meeresboden (CRANIMPACT) (thuenen.de)
[3] Ausnahme von der Anlandeverpflichtung wird verlängert (ezdk.de)