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Niedersächsische Miesmuscheln mit frischem MSC-Siegel

Dezember 2018. Die niedersächsische Miesmuschelfischerei, bestehend aus fünf Muschelkuttern, hat ihre Nachhaltigkeit abermals unter Beweis gestellt und im Dezember 2018 das MSC-Siegel erhalten. Für die Fischerei ist dies bereits die zweite erfolgreiche MSC-Zertifizierung nach 2013, welche nach fünf Jahren turnusgemäß ausgelaufen war. Die fünf Kutter der Fischerei holten im vergangenen Jahr rund 3.800 Tonnen Miesmuscheln ein – gut ein Fünftel der deutschen Miesmuschel-Anlandungen.

Die Miesmuschelfischerei stellt eine Kombination aus Wildmuschelfischerei und Muschelzucht dar: Die Fischer ernten die Jungmuscheln, die sich auf Wildbänken oder auf eigens dafür im Meer gespannten Ketten oder Seilen – den sogenannten Saatmuschelgewinnungsanlagen – angesiedelt haben, und setzen sie anschließend auf Kulturflächen wieder aus, wo sie über ein bis zwei Jahre bis zur Ernte heranwachsen.
 

GERINGER EINFLUSS AUF DAS ÖKOSYSTEM WATTENMEER

Die MSC Bewertung der niedersächsischen Miesmuschelfischerei wurde von den Experten des unabhäng­igen Gutachterbüros Control Union Pesca durchgeführt. In einem 15-monatigen Bewertungsprozess von September 2017 bis Dezember 2018 mussten die niedersächsischen Miesmuschelfischer nach­weisen, dass sie die strengen Anforderungen des MSC-Umweltstandards in allen Punkten erfüllen. Die Gutachter haben dabei sämtliche verfügbaren Daten und Informationen von fischereilicher, wissenschaftlicher und behördlicher Seite zu Rate gezogen. Ebenso wurden die Informationen und Einwände von am Zertifizierungsprozess beteiligten Umweltorganisationen berücksichtigt und sorgfältig geprüft. Die Fischerei wurde abschließend als nachhaltig bewertet:

  • Der Erhalt des Miesmuschelbestands im niedersächsischen Wattenmeer wird durch die Fischerei nicht gefährdet.

    Anhand der wissenschaftlichen Datenlage lässt sich kein negativer Einfluss der Fischerei auf die Entwicklung stabiler Muschelbänke im Wattenmeer erkennen. Auch belegt der Vergleich mit großflächigen nicht befischten Wattenmeer-Bereichen, dass die Muschelfischerei weder auf die Ansiedlung von Jungmuschelbänken noch auf die Etablierung von Muschelbänken ohne Besiedlung durch die konkurrierende Pazifische Auster Einfluss hat.  

  • Aufgrund der niedrigen Intensität der fischereilichen Aktivitäten wird das Ökosystem im niedersächsischen Wattenmeer nicht nachteilig durch die Fischerei beeinflusst.
    Das Risiko, durch die Einfuhr von Jungmuscheln aus anderen Wattenmeer-Gebieten auch invasive Arten einzuschleppen, wird nach einer von den Fischern beauftragten Untersuchung als gering bewertet, da innerhalb des Wattenmeeres durch Meeresströmungen und Schifffahrt ohnehin ein reger Austausch von Wasser und Kleinstlebewesen stattfindet. Auf die Einfuhr von Jungmuscheln, die von außerhalb des Wattenmeeres stammen, verzichten die niedersächsi­schen Miesmuschelfischer gänzlich. In Bezug auf mögliche Auswirkungen der Saatmuschel­gewinnungsanlagen wiesen Untersuchungen nach, dass es aufgrund der Wasser- und Tiden­strömungen nicht zur Ablagerung von Ausscheidungen unter den Anlagen und damit zu keinen negativen Auswirkungen auf die Lebensgemeinschaften des Meeresbodens kommt.
  • Die Fischerei verfügt über ein vorausschauendes Fischereimanagement.
    Sie folgt dabei den Vorgaben des Bewirtschaftungsplans von Umweltministerium, Landwirtschaftsministerium, Nationalparkverwaltung und Fischereiamt und entspricht dem Bundesnaturschutzgesetz ebenso wie den gesetzlichen Vorgaben für Nationalparks und der EU Habitat-Richtlinie.


KANN FISCHEREI IM NATIONALPARK ÜBERHAUPT NACHHALTIG SEIN?

Die grundsätzliche Entscheidung, ob in einem Nationalpark begrenzt menschliche Aktivitäten wie die Fischerei stattfinden dürfen oder nicht, ist eine politische Entscheidung jenseits des Einflussbereichs der Gutachter oder des MSC. Der MSC bewertet den Umwelteinfluss einer Fischerei immer wissen­schaftsbasiert und unabhängig vom „politischen“ Status eines Ökosystems oder Fischerei­gebiets. Wo immer eine Fischerei negativen Einfluss auf das Ökosystem hat, kann sie NICHT zertifiziert werden – im Nationalpark nicht, und auch außerhalb des Nationalparks nicht. Anders­herum kann eine Fischerei, die nachweislich keinen nachhaltig negativen Einfluss auf das Ökosystem hat, zertifiziert werden, auch wenn sie – sofern die Nationalparkgesetzgebung dies zulässt – innerhalb eines Nationalparks fischt.

Während der WWF wirtschaftliche Aktivitäten im Nationalpark im Grundsatz ablehnt, ist es die Überzeugung des MSC, dass die Fischerei – insbesondere, wenn sie historisch gewachsen ist – dort auch ihren Platz hat, sofern sie im Einklang mit bestehenden Gesetzen agiert und nachweislich umweltverträglich ist. Auf die niedersächsische Miesmuschelfischerei trifft dies zu.


KONTROLLEN UND VERBESSERUNGEN AUCH FÜR DIE ZUKUNFT

Auch in Zukunft wird die niedersächsische Muschelfischerei im Rahmen jährlicher Audits belegen müssen, dass sie die Umweltkriterien des MSC weiterhin erfüllt und das Wattenmeer nachhaltig befischt. Sollten neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, werden sie im Rahmen dieser Audits berücksichtigt. „Die MSC Zertifizierung hat dazu geführt, dass wir im regen Austausch mit Behörden, Verbänden und auch den Umweltorganisationen stehen und unsere Fischereitätigkeiten stetig weiterentwickeln, um dem hohen Wert des Wattenmeeres für Natur und Mensch Rechnung zu tragen“, so Manuela Gubernator von den niedersächsischen Muschelfischern. 

Die niedersächsische Miesmuschelfischerei ist nach der Nordsee-Seelachsfischerei die zweite deutsche Fischerei, die das MSC-Siegel zum wiederholten Male bekommt. Insgesamt sind heute rund 60 Prozent der deutschen Fischanlandungen MSC-zertifiziert und kommen damit aus nachweislich nachhaltiger Fischerei. 

Pressekontakt:
Andrea Harmsen
[email protected]