Skip to main content

Drastische Senkung der Fangquote für Nordsee-Kabeljau gefordert

Gutachten: ICES-Wissenschaftler sehen beim Nordsee-Kabeljau ein erhöhtes Bestandsrisiko und empfehlen eine Senkung der Gesamtfangmenge von um fast zwei Drittel. Ob diese Empfehlung ab dem 1. Januar 2020 verbindlich wird, entscheiden EU-Politiker im Dezember. 

Berlin/Kopenhagen
- Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) hat ein neues Gutachten für Nordsee-Kabeljau herausgegeben. Diese Empfehlung vom 28. Juni 2018 beinhaltet zum einen den aktuellen Zustand des Bestandes und zum anderen die Empfehlung für die zulässigen Gesamtfangmengen des nächsten Jahres, beginnend am 1. Januar 2020.

Gesamtfangmenge soll um 63 Prozent gesenkt werden

Dem ICES-Gutachten zufolge liegt der Bestand unter dem Limit-Referenzpunkt für die Laicherbiomasse (Blim; dieser Referenzpunkt sollte in keinem Fall unterschritten werden, damit die Reproduktionsfähigkeit eines Bestandes nicht eingeschränkt wird). Daher empfehlen die Wissenschaftler, die zulässige Gesamtfangmenge (total allowable catch – TAC) für Nordseekabeljau ab dem 1. Januar 2020 um 63 Prozent zu senken. 

Die tatsächliche Gesamtfangmenge für den Nordsee-Kabeljau 2020 wird erst auf der jährlichen Tagung des Europäischen Fischereirates im Dezember festgelegt. Daher ist es jetzt noch zu früh, zu sagen, ob die neue Fangmenge dann auch tatsächlich im Einklang mit dem aktuellen wissenschaftlichen Gutachten sein wird.

Diese neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse betreffen auch MSC-zertifizierten Fischereien, die Kabeljau in der Nordsee fischen. Die Zertifizierungsstellen können das Gutachten als Anlass für vorgezogene Audits bei den betroffenen Fischereien nehmen, auch eine Suspendierung der MSC-Zertifikate ist nicht ausgeschlossen.

Stefanie Kirse, MSC-Program-Direktorin Deutschland/Österreich/Schweiz, sagt: „Der MSC hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit seinem strengen Zertifizierungsprogramm eine nachhaltige Fischerei voranzutreiben. Derzeit zielen mehrere MSC-zertifizierte Fischereien entweder auf Nordseekabeljau oder fangen ihn neben anderen Arten. Die neuesten wissenschaftlichen Gutachten deuten jedoch darauf hin, dass ein Risiko für die Nachhaltigkeit des Kabeljaubestands in der Nordsee besteht, und diese neuen Informationen werden nun von den unabhängigen Auditoren geprüft." 

Dabei hatten sich die Bestände des Nordsee-Kabeljaus verbessert: Seit 2006 (knapp 44.000 Tonnen) waren sie kontinuierlich angewachsen und hatten im Jahr 2015 einen Höchststand mit mehr als 118.000 Tonnen erreicht. Infolgedessen haben viele Nordsee-Kabeljau- und Weißfisch-Fischereien eine MSC-Zertifizierung erhalten. Aus dem jetzt veröffentlichten ICES-Gutachten geht hervor, dass der Kabeljaubestand derzeit 81.224 Tonnen beträgt – der niedrigste Stand seit 2007. 

 „Schutz des Kabeljaus hat oberste Priorität“

"Wir verstehen, dass das Ergebnis der heutigen ICES-Empfehlung für viele Fischereien enttäuschend ist. Nichtsdestotrotz wird eine Reihe von Maßnahmen notwendig sein, um die langfristige Nachhaltigkeit dieses ökologisch wichtigen Kabeljaubestands zu sichern. Der Schutz des Nordseekabeljaus für diese und zukünftige Generationen muss für alle Beteiligten oberste Priorität haben“, so Stefanie Kirse.  

Hinweis an die Redaktionen
Der umfangreiche „ICES Advice“ mit allen Zahlen, Tabellen und Grafiken: https://www.ices.dk/sites/pub/Publication%20Reports/Advice/2019/2019/cod.27.47d20.pdf 

Pressekontakt
Michael Hegenauer
[email protected]