Weil es dem Heringsbestand in der westlichen Ostsee nicht gut geht, haben die dortigen Fischer mit Wirkung zum 21. September 2018 das MSC-Siegel verloren. Dies betrifft neben den deutschen Fischern auch ihre dänischen und schwedischen Kollegen, die denselben Bestand befischen. Die Fischer dürfen Hering, der ab dem 21. September angelandet wird, nicht mehr mit MSC-Siegel verkaufen. Ursächlich für die Situation sind neu definierte wissenschaftliche Referenzwerte und eine anhaltend schwache Nachwuchsproduktion des Heringsbestands.
„Der MSC Umweltstandard verbietet die Befischung von Beständen, die keine nachhaltige Größe haben und in ihrer Regeneration beeinträchtigt sind. Dies ist nach neuen wissenschaftlichen Berechnungen derzeit beim Hering in der westlichen Ostsee der Fall“, so Stefanie Kirse, Leiterin des MSC Deutschland, zur Suspendierung der Fischereien.
Im Frühsommer 2018 hatte der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) den Mindestwert für die notwendige Biomasse an erwachsenen Heringen in der westlichen Ostsee von 90.000 Tonnen auf 120.000 Tonnen heraufgesetzt. Damit rutschte der Heringsbestand, der aktuell eine Größe von etwa 105.000 Tonnen aufweist, unter den Referenzwert für einen gesunden Bestand. Als Ursache für die angespannte Situation des Heringsbestands in der westlichen Ostsee gilt vor allem seine anhaltend schwache Nachwuchsproduktion. Diese soll nach aktuellen Untersuchungen des Rostocker Thünen Instituts für Ostseefischerei möglicherweise in direktem Zusammenhang mit einer Erhöhung der Wassertemperaturen in der westlichen Ostsee stehen.
Einkommenseinbußen und Fangquotensenkungen stehen bevor
Der Hering, der gerne auch als „Brotfisch“ der Fischer bezeichnet wird, macht derzeit 37% der kommerziellen Anlandungen der deutschen Küstenfischerei aus. Mit Ausnahme der der Stellnetz-Fischer waren bis zur aktuellen Suspendierung fast alle deutschen Heringsfischer MSC-zertifiziert. Durch den Verlust des MSC-Siegels erwarten sie nun Einkommenseinbußen, denn in Deutschland kaufen Handel, Hersteller und auch Verbraucher zunehmend und bevorzugt Fisch aus nachhaltiger Fischerei. Das MSC-Siegel kennzeichnet solchen Fisch. Deutsche Händler und Verbraucher nehmen hier eine internationale Vorreiterrolle ein. Aus dem Wegfall des MSC-Siegels könnten für die Fischer daher Absatzprobleme und Einkommenseinbußen resultieren.
Neben dem Verlust des Umweltsiegels steht den Heringsfischern demnächst auch erneut eine drastische Fangquoten-Senkung bevor. Die EU Kommission empfiehlt aktuell eine Senkung um 63%.
„Siegelentzug und Fangquotensenkung sind aus Umweltsicht unvermeidbar. Dennoch haben wir Verständnis für den Unmut der Fischer, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie nun finanziell die Folgen einer Umweltentwicklung tragen, für die sie nicht verantwortlich sind“, so Stefanie Kirse. Bislang haben sich die betroffenen Fischereien engagiert und kooperativ gezeigt. “Um die Erholung des Heringsbestands zu unterstützen und das MSC-Siegel langfristig behalten zu können, hatten sich die deutschen Heringsfischer bereits bei den letztjährigen Fangquotenverhandlungen für eine Fangquotensenkung eingesetzt, die noch deutlich über der ursprünglich von der Politik anvisierten Senkung lag.”
Für den Verbraucher gilt: Ganz auf nachhaltigen Hering zu verzichten braucht er dennoch nicht. Denn dem hiesigen Nordsee Heringsbestand beispielsweise geht es derzeit deutlich besser als dem in der westlichen Ostsee. Welcher Hering aus einem gesunden Bestand kommt und nachhaltig gefangen wurde, erkennt der Verbraucher am blauen MSC-Siegel auf dem Produkt.