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Der Gütesiegel-Guide von Greenpeace Österreich: Nicht vertrauenswürdig.

MSC wirft Greenpeace Österreich Verbrauchertäuschung vor

Der Marine Stewardship Council (MSC) weist die ihn betreffenden Aussagen im „Gütesiegel-Guide“ von Greenpeace Österreich vehement zurück. Greenpeace formuliert darin Falschaussagen und bleibt undurchsichtig hinsichtlich der konkreten Kriterien, die der Bewertung des MSC-Siegels zugrunde liegen. Gemessen an den von Greenpeace selbst aufgestellten Transparenzregeln ist der „Gütesiegel-Guide“ daher als rot einzustufen: Nicht vertrauenswürdig.


Schwarz-Weiß-Denken und faktenferne Polarisierungen wie die von Greenpeace Österreich sind laut MSC wenig hilfreich bei der Suche nach Lösungen für ein so drängendes globales Problem wie die Überfischung der Meere. Sie verunsichern Konsumenten und führen im Zweifel dazu, dass diese statt zum Siegel zu konventionellen Fischprodukten greifen – zum Schaden der Meere.

Im Folgenden nimmt der MSC deshalb zu einigen der im Gütesiegel-Guide von Greenpeace Österreich enthaltenen Falschaussagen und Vorwürfen Stellung.

 

Behauptung Greenpeace Österreich:
Der MSC stellt sich den wirklichen Problemen im Bereich der Meeresfischerei nicht, sondern hängt dieser unnachhaltigen Industriesparte einen grünen Mantel um.

Antwort MSC:

Der MSC ist das weltweit strengste und anerkannteste Programm zur Zertifizierung nachhaltiger Fischerei und wird u.a. von den Vereinten Nationen positiv für seinen Beitrag im Kampf gegen Überfischung und den Erhalt der Artenvielfalt bewertet.

Die Anforderungen des MSC entsprechen einem breiten wissenschaftlichen Konsens darüber, was nachhaltige Fischerei beinhalten muss. Zertifizierungsentscheidungen werden in einem transparenten Prozess durch unabhängige Gutachter und unter Einbindung anderer Umweltorganisationen getroffen. Greenpeace möchte sich trotz mehrfacher Einladung nicht an diesen Prozessen beteiligen.

16% der weltweiten Fangmenge kommt derzeit aus nachhaltiger, MSC-zertifizierter Fischerei. Dass diese 16% nicht den Einfluss der übrigen 84% aller Fischereien neutralisieren können, liegt auf der Hand. Doch MSC-zertifizierte Fischereien haben in den letzten Jahren mehr als 2000 konkrete Verbesserungen für unsere Meere und Fischbestände bewirkt.

 

Behauptung Greenpeace Österreich:
Auch Fischereien, die mit Grundschleppnetzen den Meeresboden langfristig zerstören, können MSC-zertifiziert werden.

Antwort MSC:

Falsch - Fischereien, die den Meeresboden zerstören, können das MSC-Siegel NICHT erhalten. Dies verbietet der MSC-Umweltstandard.

Wenn wir Grundschleppnetz-Fischereien nicht pauschal von einer Zertifizierung ausschließen, so deshalb, weil nach wissenschaftlicher Erkenntnis Grundschleppnetze eben nicht in jedem Fall zerstörerisch sind. Genauso wenig wie im Übrigen alle anderen Fangeräte (Netze, Fallen, Reusen, Angeln etc.) in jedem Fall gut und nachhaltig sind.

Beispiel: Schon der einmalige Einsatz eines Grundschleppnetzes auf Korallen richtet einen Schaden an, der erst in vielen Tausend Jahren wieder heilt. Absolut nicht nachhaltig also! Werden Grundschleppnetze hingegen über Sandböden gezogen, die täglich von den Gezeiten umgewälzt werden, dann fügt die Fischerei diesen Böden keinen zusätzlichen und vor allem keinen langfristigen Schaden zu. Denn diese Böden sind an permanente Umwälzungen angepasst. Wissenschaftliche Studien, zum Beispiel für Teile des norddeutschen Wattenmeers, belegen das.

Es gilt also immer den Einzelfall zu betrachten, um Aussagen über die Nachhaltigkeit eines Fanggerätes zu treffen und genau das tut der MSC. 

Ein pauschales, vom Einsatzgebiet und dem konkreten Einfluss auf den Meeresboden unabhängiges Verbot von Grundschleppnetzen würde bedeuten, dass viele bodennah lebende Fischarten kaum mehr für die Ernährung der Weltbevölkerung zur Verfügung stünden. Wir sollten uns daher darauf konzentrieren, diese Art der Fischerei nachhaltiger zu gestalten – etwa durch ihre Beschränkung auf bestimmte Fanggebiete oder durch den Einsatz moderner, leichterer Netze mit weniger Bodenkontakt. Die Aussicht auf den Erhalt des MSC-Siegels kann Grundschleppnetzfischereien motivieren, sich auf solche Verbesserungen einzulassen.

 

Behauptung Greenpeace Österreich:
Eine MSC-Zertifizierung ist sogar möglich, wenn die Fischerei auf nachweislich gefährdete Arten abzielt.

Antwort MSC:

Diese Aussage ist falsch. MSC-zertifizierte Fischereien dürfen keine überfischten Bestände befischen, geschweige denn gefährdete Arten!  Sie dürfen lediglich Bestände mit einer gesunden Bestandsgröße befischen – und diesen Beständen dann nur so viel Fisch entnehmen, wie auch wieder nachwachsen kann.

Maßgeblich für die Beurteilung. ob ein Bestand überfischt oder eine Art gefährdet ist, sind die Bewertungen anerkannter wissenschaftlicher Institutionen, wie etwa des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) oder der internationalen Listen für gefährdete Arten. 

Rutscht ein Bestand, zum Beispiel infolge des Klimawandels, in den "roten" Bereich, so verlieren zertifizierte Fischereien auf diesen Bestand das MSC-Siegel. So wie zuletzt zum Beispiel sämtliche Dorsch- und Heringsfischereien in der westlichen Ostsee.

 

Behauptung Greenpeace Österreich:
Unsere Meere sind längst überfischt. Die einzige wirklich nachhaltige Konsumentscheidung ist der Verzicht auf den Kauf von Meeres- und Raubfisch.

Antwort MSC:

Überfischung ist ein ernstzunehmendes Problem, darauf weist auch der MSC immer wieder hin. Die Bekämpfung von Überfischung ist eines der wichtigsten Ziele des MSC. Nichtsdestotrotz ist die Greenpeace-typische Pauschalisierung und Dramatisierung, "unsere Meere seien längst überfischt“, so nicht korrekt.

Greenpeace Österreich weicht auch hier von der Sichtweise des MSC und vieler anderer im Meeresschutz engagierter Institutionen und Organisationen deutlich ab: Denn nach breitem wissenschaftlichem Konsens sind aktuell zwar traurige 38 Prozent aller weltweiten Bestände überfischt - 63 Prozent haben hingegen eine gesunde Bestandsgröße („biologically sustainable“). Diese gesunden Bestände werden größtenteils optimal genutzt („maximally sustainably fished“), teilweise auch „unterfischt“ (siehe Grafik). 

Quelle: FAO Sofia 2024

Auch wenn bei Greenpeace Österreich keine Meereswissenschaftlerinnen arbeiten, so ist doch davon auszugehen, dass den Siegel-Guide Autorinnen solche Fehler nicht versehentlich unterlaufen sind, sondern gezielt gesetzt wurden, um zu dramatisieren, zu polarisieren und Aufmerksamkeit zu erregen. Diese Art der Kommunikation halten wir für kontraproduktiv.

Greenpeace steht für Extrempositionen, der MSC für umsetzbare Lösungen – am Ende verfolgen beide Organisationen jedoch dasselbe Ziel: gesunde, nachhaltig befischte Meere. Wir bedauern, dass Greenpeace seit Jahren die öffentlichkeitswirksame Polarisierung sucht und nicht bereit ist, auf der Suche nach Lösungen für unsere Meere in einen wissenschaftsbasierten Dialog zu treten. 

Anders als der Greenpeace Siegel-Guide ist der MSC-Umweltstandard wissenschaftsbasiert und komplex, denn für komplexe Situationen lassen sich selten simple Lösungen finden.

Die Forderung von Greenpeace Österreich, ganz auf den Konsum von Fisch zu verzichten, ist eine zu simple Lösung. Gelten doch Wildfisch und Meeresfrüchte als Lebensmittel mit niedrigem ökologischen Fußabdruck: Sie wachsen natürlich nach, benötigen keine Düngemittel oder Pestizide, verbrauchen weder Land noch Süßwasser und haben, verglichen mit allen anderen tierischen Proteinen, einen niedrigen CO2-Fußabdruck. Sofern man Fisch nicht als tägliches Nahrungsmittel, sondern als Delikatesse sieht und beim Einkauf streng auf eine nachhaltige Herkunft des Fischs achtet, ist es zum Schutz Umwelt weder notwendig noch zwingend vorteilhaft, gänzlich auf Fisch zu verzichten.