Der MSC, das weltweit erste Zertifizierungsprogramm für nachhaltige Fischerei, wird in diesem Jahr 20. Die gemeinnützige Organisation, deren blaues Nachhaltigkeitssiegel in Deutschland bereits auf fast 5.000 Fischprodukten zu finden ist, gehört zu den Begründern einer heute weltweiten Meeresschutzbewegung. Zeit für einen Rückblick – und für einen Blick in die Zukunft, welche in der kommenden Woche auf der Meereskonferenz der Vereinten Nationen (UN) verhandelt wird.
Intakte Fischbestände, weniger Beifang, mehr Schutzgebiete, stärkere Kontrollen und detailliertere Forschung: Der MSC (Marine Stewardship Council) kann heute auf mehr als 1000 Beispiele für positive Veränderungen verweisen, die in den vergangenen 20 Jahren durch MSC-zertifizierte Fischereien erwirkt wurden.
Diese Bilanz veröffentlicht der MSC heute im Kontext der Meereskonferenz der Vereinten Nationen. Bei der Konferenz, an der Vertreter aus Politik, internationalen Organisationen, Wissenschaft und NGOs, geht es um ein Vorantreiben des UN Entwicklungsziels „Schutz und die nachhaltige Nutzung der Meere“ (SDG 14), auf dessen Umsetzung sich die internationale Staatengemeinschaft bis 2030 verpflichtet hat. Der MSC beleuchtet auf der Konferenz den positiven Beitrag, den glaubwürdige Zertifizierungsprogramme zur Erreichung dieses Entwicklungsziels leisten können:
Erfolgreiches Ökosystemmanagement
Um das MSC-Siegel zu bekommen oder es nach einer erfolgreichen Zertifizierung auch langfristig zu behalten, haben Fischereien weltweit in den vergangenen 20 Jahren mehr als 1.200 Verbesserungen in ihren Fischereipraktiken durchgeführt. 117 dieser Verbesserungen bezogen sich auf den Schutz sensibler Meeresböden.
Beendigung von Überfischung und illegaler Fischei
Eine aktuelle Bestandsdaten-Anlayse von mehr als 100 Fischbeständen in aller Welt belegt, dass MSC-zertifizierte Fischereien nur intakte Bestände befischen und die Regeneration überfischter Bestände ermöglichen. Durch das strenge Kontrollsystem des MSC ist zudem sichergestellt, dass jeder zertifizierte Fisch entlang der gesamten Lieferkette vom Konsumenten bis zu einer nachhaltigen Fischerei zurückverfolgt werden kann. Fischfang aus illegaler Fischerei hat hier keine Chance.
Nachhaltige Entwicklung - der Einklang von Ökonomie und Ökologie
Das UN Entwicklungsziel „Schutz und die nachhaltige Nutzung der Meere“ trägt nicht nur ökologischen, sondern auch ökonomischen Erfordernissen Rechnung. Als Wirtschaftsfaktor leistet die Fischerei in vielen Ländern einen wichtigen Beitrag zur Nahrungs- und Einkommenssicherung. Eine MSC-Zertifizierung belohnt nachhaltige Fischereien, oft verschafft ihnen das blaue Siegel Zugang zu (neuen) Märkten oder höheren Einnahmen. Für die MSC-zertifizierte Kap-Seehecht Fischerei in Südafrika beispielsweise haben Ökonomen errechnet, dass die MSC-Zertifizierung für eine Einnahmensteigerung in Höhe von 37,6% und die Sicherung von fünf- bis zwölftausend Arbeitsplätzen verantwortlich ist.
„Wenn wir großflächige Verbesserungen für unsere Ozeane und Fischbestände bewirken wollen, kommen wir um marktbasierte Ansätze nicht umhin. Wir brauchen Programme, die alle Beteiligten – vom Konsumenten über den Händler bis zum Fischer – mit einbinden“, so Stefanie Kirse, Leiterin MSC Büro Deutschland/Österreich/Schweiz. „Mit Hilfe unseres Siegels schaffen wir eine direkte Verbindung zwischen den Tellern der VerbraucherInnen und der Gesundheit unserer Ozeane.“
Wir wollen Meer! Unsere Meere, unsere Zukunft – es gibt noch viel zu tun
Während sich viele Fischbestände in mittleren und hohen Breitengraden in den vergangenen 20 Jahren dank nachhaltigerer Fischerei erholen konnten, sind weltweit immer noch gut 30% der Bestände überfischt und viele Fischereien nicht nachhaltig. Mehr als die Hälfte aller Fischereien, die in den vergangenen Jahren eine MSC-Zertifizierung ins Auge gefasst haben, mussten schon im Zuge der freiwilligen „Vorbewertung“ erkennen, dass sie noch weit von der Erfüllung der strengen MSC Nachhaltigkeitskriterien entfernt waren. Sie traten erst nach einer langen, zum Teil mehrjährigen Phase fischereilicher Verbesserungen in den eigentlichen Zertifizierungsprozess ein.
Was die Verteilung der zertifizierten Fischereien auf der Welt betrifft, ergibt sich ein ungleiches Bild: Auf der südlichen Erdhalbkugel, auf der einige der Meeresgebiete mit der höchsten Produktiviät und Artenvielfalt liegen, konnten in den vergangenen 20 Jahren nur wenige Fischereien zertifiziert werden. Gleichwohl sind in diesem Teil der Welt hunderte Millionen Menschen für ihren Lebensunterhalt auf den Fischfang angewiesen, der Export von Fisch bringt den betroffenen Ländern mit 80 Milliarden US$ höhere Erlöse, als der Export aller anderen Nahrungsmittel - darunter Reis, Zucker oder Kakao - zusammen. Ziel des MSC ist es daher, in den kommenden Jahren mit neuen Tools, wissenschaftlicher Forschung und finanziellen Mitteln vermehrt auch kleine Fischereien in Entwicklungsländern auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu unterstützen. Wir wissen heute, dass glaubwürdige Zertifizierungsprogramme wie der MSC hier einen wichtigen Beitrag leisten. Auch darum wird es auf der anstehenden UN Konferenz gehen.
Fischereibeispiele
Als die grönländische Garnelen-Fischerei Ende der 2000er Jahre in den MSC-Bewertungsprozess eintreten wollte, war die Datenlage zu Meeresbodenfauna und -flora in diesem sensiblen arktischen Gebiet noch schwach. In Vorbereitung auf die Zertifizierung initiierte die Fischerei daher ein umfassendes Forschungsprojekt mit der Zoological Society of London. Fischereiboote wurden mit Unterwasserkameras ausgestattet, die in mehreren 100 m Tiefe Aufnahmen vom Meeresboden machten. Die wertvollen Einblicke und Erkenntnisse dienten der Fischerei anschließend als Grundlage für eine Verbesserung ihrer bisherigen Fangmethoden und einen aktiven Schutz von Korallen und anderen Meeresbodengewächsen. Und als Basis für eine erfolgreiche MSC-Zertifizierung.
Bei der Fischerei auf Skipjack Thunfisch im indischen Ozean wurde im Zuge der MSC-Zertifizierung erstmals eine länderübergreifende Fangmengenregelung für Thunfisch implementiert. Da Thunfische über tausende Kilometer und territoriale Grenzen hinweg wandern, kann nur durch solch ein effizientes, transnationales Bestandsmanagement auch sichergestellt werden, dass der intakte Skipjack Thunfischbestand in dieser Region auch langfristig intakt bleibt.
Über die UN Sustainable Development Goals (SDGs)
Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung wurden 2015 aufgesetzt, um weltweit eine nachhaltige Entwicklung zu forcieren und Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung in Einklang zu bringen. Das Entwicklungsziel 14 widmet sich dem Thema Schutz der Meere und nachhaltige Nutzung mariner Ressourcen. Es umfasst Forderungen wie ein Ende der Überfischung von Beständen, die Eliminierung von illegaler, undokumentierter Fischerei oder die Implementierung effizienten Ökosystemmanagements durch Fischereien.