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Laredo: Das kleine Dorf liegt zwischen Santander und Bilbao am malerischen Golf von Biskaya im nordspanischen Kantabrien. Lange Sandstrände, die in eine schroffe grüne Hügellandschaft übergehen – dies ist die Heimat von ebenso vielen Kühen wie Menschen.

In dem Dorf leben auch Messi und Ronaldo San Martín. Jeden Tag fahren sie mit ihrem Schiff Nuestra Madre Juanita auf den rauen Atlantik hinaus, um mit einem Netz voller Sardellen heimzukehren. Die Brüder sind Superstars in ihrem Beruf, genau wie ihre Namensvettern.

Die Brüder San Martín sind nur eine von vielen Familien, die ihren Lebensunterhalt mit der Sardelle verdienen.

Und nicht nur das Leben der Männer wird von diesem kleinen Fisch bestimmt. Geschickt flicken die Frauen die beschädigten Netze. Alle helfen mit. Für eine Region, in der jeder Fünfte arbeitslos ist, ist das ein Segen.

Im Jahr 2005 sah das noch ganz anders aus. Nach jahrelanger Überfischung und schlechtem Fischereimanagement waren die Sardellenbestände erschöpft und das Fischen in Kantabrien wurde durch die EU verboten.

Für 3000 Fischer und mehr als 60 kleine, familiengeführte Betriebe sah die Zukunft schwarz aus. Kein Fisch, das heißt, keine Möglichkeit, den Lebensunterhalt zu verdienen.

Konservenproduzenten wie Sucore sind für ihre hundert Jahre alte Tradition der Sardellenverarbeitung bekannt. Sie mussten Fisch mit geringerer Qualität importieren, um den Ruin abzuwenden, bis sich die Bestände erholt hatten.

Diese kurzzeitigen Opfer haben sich gelohnt. In nur fünf Jahren erholten sich die Bestände auf das erforderliche Mindestniveau. Im Jahr 2010 hob die EU das Fischereiverbot für die Region auf. Sie senkte jedoch auch die erlaubte Höchstfangmenge und forderte ein besseres Fischereimanagement.

Vor diesem Hintergrund wurde eine einzigartige Partnerschaft zwischen den spanischen Fischern, einer Schweizer Supermarktkette, ihren Partnern und einer gemeinnützigen internationalen Organisation eingegangen.

Ihre gemeinsame Vision ging über einen bloßen Wiederaufbau hinaus. Sie wollten eine Umgebung schaffen, in der sowohl Fisch als auch Fischerei gedeihen können.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Schweizer Einzelhandelsunternehmen Migros bereits dazu verpflichtet, ab dem Jahr 2020 ausschließlich nachhaltige Fische und Meeresfrüchte zu verkaufen.

Von dieser Verpflichtung wissend, brachten das Schweizer Unternehmen S. de Mendieta, der spanische Verarbeiter Sucore und Laura Rodríguez, MSC-Programmdirektorin für Spanien und Portugal, die spanischen Fischer mit Migros zusammen.

2014 reiste Rodríguez gemeinsam mit VertreterInnen von Migros und dem Unternehmer Sinforiano de Mendieta nach Kantabrien, um die Fischer und die Produzenten zu treffen.

Das Trio hatte eine Zukunft vor Augen, in der die Fischerei umweltverträglich arbeitet und gleichzeitig profitabel ist.

Innerhalb des folgenden Jahres lernten zahlreiche Fischer und Fischereiverbände, warum eine nachhaltige Fischerei nötig ist und welche Standards der MSC setzt. Dank des Einsatzes der gesamten Flotte sowie von Regierungen, WissenschaftlerInnen und der Industrie, konnten sich die Bestände nicht nur erholen, sondern auch kräftig wachsen. Die Flotte wurde daraufhin die erste Sardellenfischerei in Europa, die die MSC-Zertifizierung erhielt.

Das Ergebnis? Migros war die erste Supermarktkette, die MSC-zertifizierte Sardellen aus Kantabrien anbieten konnte. 97 Prozent der Fische und Meeresfrüchte bei Migros kommen nun aus nachhaltigen Quellen. Ihr Versprechen haben sie also bald erfüllt: ausschließlich nachhaltiger Fisch für Schweizer Konsumenten. Eine nachhaltige Zukunft für die Sardelle, Kantabriens bekanntestes Exportprodukt, ist bereits sicher.

“Wir haben dieses fantastische Land, wunderschöne Strände, das Meer und die Fischerei. Das ist viel, aber es ist auch alles, was wir haben. Wenn die jüngere Generation in diesem tollen Land bleiben möchte, müssen wir unsere Denkweise ändern und eine nachhaltige Zukunft planen.”

Antonino San Martín, Sardellenfischer

Engraulis encrasicolus, der wissenschaftliche Name für den kleinen, silbern schimmernden Fisch, ist der Grund, dass Kantabrien bei Gourmets so bekannt ist. Gehäutet, entgrätet, gesalzen und in (Bio-)Olivenöl mariniert – so erreicht er einen Spitzenpreis auf dem Markt.

Starköche wie Jamie Oliver und Bart van Olphen sind große Fans und Förderer der kantabrischen Sardelle. Sie haben kantabrischen Sardellengerichten viele Seiten gewidmet und wollen FischliebhaberInnen auf den Geschmack dieses traditionsreichen Produktes bringen.

Doch nicht nur das Produkt hat „Tradition“. In Kantabrien ist die Rollentrennung immer noch fest verankert. Die Männer fangen die Sardellen, die Frauen arbeiten in den lokalen Konservenproduktionen wie Sucore, wo die Sardellen verarbeitet werden.

Nur Frauen sollen geschickt genug sein, Haut und Gräten der winzigen Fische per Hand zu entfernen und sie dann in Öl einzulegen – perfekt konserviert, bis die nächste Person das Geheimnis der kantabrischen Sardelle entdeckt.