Am 23. April 2018 wurde im deutschen Fernsehen (ARD) ein Dokumentarfilm ausgestrahlt, der eine Reihe irreführender und falscher Aussagen zum MSC enthält. Während wir konstruktive Diskussionen über unser Zertifizierungsprogramm begrüßen und Verständnis für das Bedürfnis haben, bestehende Modelle nachhaltiger Fischerei näher zu untersuchen, sind wir enttäuscht darüber, dass Rolle, Aufgabe und Programm des MSC in weiten Teilen falsch dargestellt wurden.
Seit 1997 haben MSC-zertifizierte Fischereien mehr als 1.200 Verbesserungen bewirkt: den Schutz von Seevögeln und empfindlichen Ökosystemen, die Reduzierung von Beifang, Bestände, die sich erholen konnten, neue Forschung, mehr Kontrollen und besseres Management. 90% davon wurden innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Zertifizierung erreicht.
Der Dokumentarfilm stellt die Frage, ob das MSC-Siegel ein Marketinginstrument ist, das eingesetzt wird, um Profit und Akzeptanz für die Fischereiindustrie zu generieren. Spezifische Aspekte, die angesprochen werden, sind u.a.: Shark Finning, Delphinbeifang, das Senken des MSC Zertifizierungsstandards zugunsten von Profitinteressen, Bestechung und Einschüchterung von Fischereibeobachtern sowie die bevorzugte Behandlung von großen, industriellen Fischereien gegenüber kleinen. Grundlegend ist festzustellen, dass sich zentrale Anschuldigungen des Films auf Fischereien beziehen, die nicht MSC-zertifiziert sind oder waren.
Im Folgenden nehmen wir ausführlich zu den im Film geäußerten Kritikpunkten Stellung:
Alle Haifischaufnahmen im Film wurden bei nicht MSC-zertifizierten Fischereien gedreht. Die Fischerei, der im Film ‘Shark Finning’ vorgeworfen wird, war nie MSC-zertifiziert. Sie hat das MSC Bewertungsverfahren nicht abgeschlossen.
Die spanische Blauhai- und Schwertfisch-Fischerei aus dem Film hat das MSC Bewertungsverfahren nicht abgeschlossen und ist nicht MSC zertifiziert. Das Schiff Playa de Ril ist nicht und war noch nie MSC zertifiziert. Shark Finning ist innerhalb des MSC Programms verboten.
Nachdem zahlreiche NGOs wie auch der MSC selbst Bedenken gegen den ersten Bericht des unabhängigen Gutachters erhoben hatten, zog sich die Fischerei aus dem Zertifizierungsprozess zurück. Sie ist nicht repräsentativ für MSC-zertifizierte Fischereien. Vor der Ausstrahlung des Beitrags haben wir Autoren und Sendeanstalt auf diese Fehldarstellung aufmerksam gemacht.
Die Fischerei befindet sich derzeit nach eigener Aussage in einem „Fischereiverbesserungsprojekt“.
Die Filmaufnahmen der mexikanischen Thunfisch-Fischerei, die aus den 80er Jahren stammen, sind nicht mehr repräsentativ für diese Fischerei. Sie hat ihre Delfinsterblichkeit auf dem langen Weg zur MSC- Zertifizierung um mehr als 99% gesenkt.
Der Dokumentarfilm zeigte preisgekrönte Filmaufnahmen aus den 80er Jahren von Delphinen, die sich in den Netzen eines Fischereibootes aus Panama verfangen hatten.
Die mexikanische Thunfischfischerei hat ihre Fischereimethoden in den vergangenen 30 Jahren maßgeblich verbessert, um die Delphinsterblichkeit zu reduzieren – von 132.000 Tieren im Jahr 1986 auf 702 Tieren im Jahr 2016, eine 99%ige Abnahme. Die Fischerei unternimmt heute erheblich Anstrengungen, um Delphine zu retten. Dazu gehört der Einsatz von Tauchern in jedem Netz, um Delphine zu befreien. In Anerkennung dieser Erfolge hat das verantwortliche AIDCP Programm von der Welternährungsorganisation FAO einen Preis bekommen. Im Jahr 2016 wurden bei weniger als 4% aller Fangfahrten Delphine ernsthaft verletzt oder gar getötet. Dennoch bedauern wir jeden einzelnen bei Fischereiaktivitäten getöteten Delphin. Daher musste sich die Fischerei im Rahmen ihrer Zertifizierung verpflichten, die Delphinsterblichkeit weiter gegen Null zu senken. Die Umsetzung dieses Plans wird nun in jährlichen Audits überprüft. Wenn die Fischerei ihren Plan nicht erfüllt, verliert sie das MSC-Siegel.
Weder dem MSC noch den unabhängigen Gutachtern liegen Nachweise vor, dass Fischereibeobachter Bestechungsgelder angenommen haben oder in ihren Entscheidungen von Drohungen beeinflusst worden sind. Tatsächlich zählen die beiden Beobachterprogramme, denen die Fischerei angeschlossen ist, zu den besten weltweit.
Das Beobachterprogramm der zertifizierten mexikanischen Thunfisch-Fischerei gilt als eines der strengsten weltweit. Es gibt einen Beobachter auf jedem einzelnen Schiff. Die Beobachter werden nach jeder Fangfahrt auf ein neues Schiff versetzt, um Bedrohung und Korruption auszuschließen. Die Beobachter berichten an die Leitungseben des internationalen Abkommens zur Erhaltung der Delfine (AIDC), das von der Welternährungsorganisation FAO für seine Arbeit zur Reduzierung der Delphinsterblichkeit ausgezeichnet wurde. Jeder Versuch, die Daten der Beobachter zu manipulieren, würde rasch aufgedeckt werden.
Es gibt Einzelfälle, in denen Beobachter Bestechungsversuche gemeldet haben. Die Untersuchung dieser Fälle hat jedoch ergeben, dass hier letztendlich weder die offerierten Bestechungsgelder akzeptiert, noch die erhobenen Fischereidaten manipuliert wurden. Die Gutachter haben diese Daten in ihre Bewertung der Fischerei einfließen lassen.
Noch nie ist auf einem Boot dieser Fischerei ein Beobachter zu Tode gekommen. Die freiwilligen Beobachter haben jederzeit direkten Kontakt zu ihrer Dachorganisation und sie arbeiten auf jedem Schiff nur ein einziges Mal.
Wir haben den Autor des Dokumentarfilms gebeten, etwaige Beweise für die Bestechung von Beobachtern vertrauensvoll an die Fischereigutachter und den AIDC weiterzuleiten. Bis heute wissen wir von keinem Beweismaterial, das hierzu eingereicht wurde.
Der Film behauptet, dass Beobachter bedroht werden oder dass ihnen riesige Bestechungsgelder angeboten werden, um die Höhe des tödlichen Delfinbeifangs nach unten zu beschönigen. Auch wenn das Beweismaterial für diese Behauptung sehr schwach sind, nehmen wir derartige Vorwürfe sehr ernst. Wir werden die Verantwortlichen des Beobachterprogramms bitten, diesen Vorwürfen rasch auf den Grund zu gehen.
Der MSC arbeitet mit Industrie, Einzelhandel, Wissenschaft, Politik und Umweltorganisationen gleichermaßen zusammen. Keine Seite hat den MSC „gekapert“.
Der MSC ist seit jeher eine Organisation, die verschiedene Interessensgruppen vereint. Wir arbeiten mit Umweltorganisationen, Wissenschaftlern und Regierungen, mit der Fischereiindustrie und mit dem Handel zusammen. Auch in unseren Gremien sind Vertretern von Umweltorganisationen, Wissenschaftlern und der Industrie gleichermaßen vertreten, keine Interessengruppe dominiert hier die andere.
Im Jahr 2017 rief der MSC den reformierten Interessengruppen-Beirat (Stakeholder Advisory Council) ins Leben, um die Zusammenarbeit zwischen Stakeholdern und MSC zu vertiefen. Der Beirat besteht aus bis zu 17 ehrenamtlichen Mitgliedern, von denen 6 aus der Fischerei kommen (Verarbeitung oder Fang), 6 aus dem Umweltschutz und 2 aus dem Handel. Gegenwärtig befinden sich folgende Umweltorganisationen im Beirat: WWF, The Nature Conservancy, Conservation International, Birdlife International, Pew Charitable Trusts and Masyarakat Dan Perikanan Indonesia Foundation.
Der MSC entwickelt seine Zertifizierungskriterien regelmäßig weiter. Dabei wird die Messlatte immer höher – sie wurde noch nie gesenkt, um Fischereien „anzulocken“.
Die letzte Aktualisierung des MSC-Umweltstandards im Jahr 2014 wird gemeinhin als Erhöhung der Messlatte zur Zertifizierung angesehen. Beispielsweise wurden verschärfte Schutzmaßnahmen für Fischarten am unteren Ende der Nahrungskette sowie für sensible Meeresökosysteme eingeführt.
Das MSC Programm wird immer streng sein. Um eine MSC-Zertifizierung zu erlangen, müssen viele Fischereien ihre Fangpraktiken schon im Vorfeld deutlich verbessern, um die Nachhaltigkeitsanforderungen des MSC zu erreichen. 94 Prozent der Fischereien im MSC Programm mussten außerdem mindestens eine Verbesserung druchführen, um ihre Zertifizierung zu behalten.
Derzeit kommen 12% der weltweiten Fangmenge aus MSC-zertifizierten Fischereien – was auch bedeutet: 88% tun dies nicht.
Der MSC ist eine Non-Profit Organisation. Er erzielt keinen Einnahmen aus der Bewertung oder Zertifizierung einer Fischerei.
Der Film suggeriert, der MSC würde mehr Fischereien in sein Programm aufnehmen, um seine Einnahmen zu erhöhen. Das ist vollkommen falsch. Der MSC erzielt keine Einnahmen aus der Zertifizierung von Fischereien. Unsere Einnahmen setzen sich zusammen aus Spenden und den Lizenzgebühren, die Hersteller und Einzelhändler zahlen, wenn sie das blaue MSC-Siegel auf ihren Produkten abbilden wollen. Jeder Cent aus diesen Einnahmen fließt zurück in das MSC Programm. Wir erzielen als gemeinnützige Organisation keinerlei Gewinne.
Das MSC Programm schließt sowohl kleine als auch große Fischereien ein. Nachhaltigkeit ist nicht abhängig von Größe.
Sowohl kleine als auch große Fischereien können die Umwelt gefährden, wenn sie nicht nachhaltig und reguliert fischen und überprüft werden. Um das MSC-Siegel zu erhalten, muss eine Fischerei nachweißlich nachhaltig fischen – egal ob sie groß, oder klein ist. Für den bestmöglichen Schutz unserer Meere ist es wichtig, dass alle Schiffe nachhaltig fischen.
Im Interessengruppenbeirat (Stakeholder Advisory Council) des MSC sitzen bewusst sowohl Vertreter kleiner, wie auch Vertreter großer Fischereien.
Wir arbeiten kontinuierlich daran, die weltweite Fischerei in nachhaltigere Bahnen zu lenken, um Meere und Fischbestände zu schützen und für zukünftige Generationen zu bewahren. Mit der Unterstützung von Handel, NGOs, Wissenschaft und Fischereien leistet das MSC Programm einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Weltmeere und zur nachhaltigeren Gestaltung der globalen Fischerei.
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