In Brüssel verhandelten die Fischereiminister aus der EU und Norwegen vom 17. bis zum 19. Dezember 2018 die Fangquoten für das Jahr 2019. Es geht um 150 Fischbestände in der Nordsee und im Atlantik. Die Minister einigten sich auf Fangbegrenzungen für 59 Fischarten im neuen Jahr – sechs mehr als noch 2018. Doch was heißt das im Einzelnen? Dazu 6 Fragen – 6 Antworten:
Was sind überhaupt Fangquoten?
Eine Fangquote ist die Menge an Fisch, die eine Nation oder ein Fischereibetrieb von einer bestimmten Art in einem bestimmten Gebiet fischen darf. Diese Fangquoten sind streng verbindlich! Die EU-Quoten werden nun in der Folge aufgeteilt in nationale Quoten für die jeweiligen Mitgliedsländer.
Was ist Überfischung?
Überfischung liegt dann vor, wenn einem Fischbestand über einen längeren Zeitraum mehr Fisch entnommen wird, als „nachwachsen“ kann. Durch Überfischung können einzelne Bestände gefährdet werden, selten jedoch die ganze Art. Laut Welternährungsorganisation sind 33 Prozent der globalen Fischbestände überfischt (FAO 2018).
Bereits 2013 hatten sich alle EU-Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, die Überfischung in den europäischen Gewässern bis spätestens 2020 zu beenden.
Was bedeuten “Erhöhungen”, “Verringerungen”, “keine Änderung” bei den Quoten?
Werden Fangquoten bestimmter Fischarten in bestimmten Fangregionen erhöht, heißt das allgemein, dass die Fischbestände stabil sind. Das bedeutet: Dem Bestand geht es gut – oder auch: Es gibt hinsichtlich der Fangintensität noch Spielraum nach oben. Das freut natürlich die Fischer, sie dürfen mehr Fische fangen als im Vorjahr.
Fangquoten, die gegenüber dem Vorjahr herabgesetzt werden, bedeuten, dass entsprechende Fischbestände aus wissenschaftlicher Sicht nicht stabil genug sind (was nicht automatisch an der Fischerei liegen muss). Reduzierte Fangaktivitäten sollen zu einer Erholung des Bestandes beitragen.
Keine Änderungen bestimmter Quoten („0%“) bedeuten letztlich, dass der Bestand sich nicht wesentlich verändert hat und die Quote im kommenden Jahr beibehalten wird.
Was bedeuten die neuen Vorgaben aus Brüssel für die bei deutschen Verbrauchern beliebten Fischarten Hering, Kabeljau, Makrele und Seelachs?
Kurz und knapp: Für deutsche Fischer sinken die Quoten für Hering (minus 40 Prozent), Kabeljau (minus 35 Prozent) und Makrele (minus 20 Prozent). Die 2019 erlaubte Fangmenge für Seelachs steigt hingegen um 16 Prozent.
Noch hat der Nordsee-Heringsbestand eine Größe, die als nachhaltig bezeichnet werden kann, jedoch ist die Nachwuchsproduktion in den letzten Jahren, ähnlich wie beim Hering in der westlichen Ostsee, sehr niedrig gewesen. Daher müssen sich die deutschen Fischer auf eine Absenkung der zulässigen Fangmenge um 40 Prozent (auf 40.000 Tonnen) einstellen.
Die aktuellen Entscheidungen zu den Fangquoten werden bei Hering und Makrele bei gleichbleibend hoher Nachfrage zu deutlichen Rohwarenpreissteigerungen und damit höheren Verbraucherpreisen führen. Grundsätzlich freuen können sich die Verbraucher auf ein höheres Angebot an Seelachs.
Dr. Matthias Keller
Bundesverband der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels e.V.
Deutschland darf 2019 knapp 13.000 Tonnen Nordsee-Seelachs fangen. Das ist eine Erhöhung der zulässigen Fangmenge um 16 Prozent gegenüber 2018. Trotz Schwankungen liegt der Bestand seit 1996 sicher über der sogenannten Nachhaltigkeitsschwelle.
Wir freuen uns, dass die Fangquoten für Seelachs in der Nordsee um 16 Prozent erhöht wurden und die Politik damit der langfristig stabilen Bestandssituation Rechnung trägt, die schon seit 1996 über dem Referenzwert für einen maximalen nachhaltigen Dauerertrag liegt. Dass die Fischerei nachhaltig agiert zeigt sich auch daran, dass die fischereiliche Sterblichkeit seit fünf Jahren unter dem Referenzwert liegt. Aber die gesunde Situation des Seelachses ist nicht nur ein Verdienst der Fischerei, sondern die Bemühungen der Fischer werden auch von der Umwelt unterstützt.
Kai-Arne Schmidt
Geschäftsführer Kutterfisch-Zentrale GmbH
Was halten Wissenschaftler und NGOs von den Brüsseler Beschlüssen?
Umweltschützer kritisieren die vereinbarten Quoten als nicht streng genug. Organisationen wie der WWF werfen den EU-Staaten vor, wissenschaftliche Empfehlungen zu ignorieren. Bei der Festlegung der Quoten beachten die EU-Fischereiminister neben den wissenschaftlichen Empfehlungen aber auch sozio-ökonomische und andere Faktoren. So versuchen die Minister beispielsweise auch den unnötigen Abbau von Kapazitäten in einer Fischerei zu vermeiden, wenn damit gerechnet werden kann, dass es dem Bestand bald wieder besser gehen wird.
Die Politik hat sich weitgehend an die wissenschaftliche Empfehlung gehalten. Es gibt jedoch drei für die deutsche Fischerei wesentliche Ausnahmen, für die die Fangquoten deutlich weniger gesenkt wurden als von der Wissenschaft empfohlen: Kabeljau Nordsee, Hering Nordsee und nordostatlantische Makrele. Insbesondere für die beiden Schwarmfische Hering und Makrele wird dies zur Folge haben, dass sich die Bestände nicht zügig wieder in den grünen Bereich entwickeln, der Nordseehering wird voraussichtlich sogar weiter abnehmen. Positiv ist die Entwicklung dagegen beim Nordsee-Seelachs.
Dr. Alexander Kempf
Thünen-Institut für Seefischerei
Was bedeutet das für die MSC-zertifizierten Fischereien?
Jede MSC-zertifizierte Fischerei muss sich auf der einen Seite an alle rechtlichen Vorgaben und Gesetze halten. Hierzu zählen maßgeblich die festgelegten Fangquoten. Auf der anderen Seite dürfen MSC-zertifizierte Fischereien keine Bestände befischen, deren Größen nicht gesund sind. Das bedeutet auch: Wenn ein Fischbestand in einen kritischen Bereich sinkt, verlieren die Fischereien, die diesen Bestand befischen, ihr MSC-Siegel. Und zwar selbst dann, wenn sie sich an die Fangquoten halten. Dies war zuletzt bei den MSC-zertifizierten Heringsfischern in der westlichen Ostsee der Fall.
Wer sich ausführlich mit den Fangquoten der EU-Fischereiminister beschäftigen möchte findet hier die offizielle Übersicht als Tabelle.