Will Little
Dutzende von Fischereien, die nach dem Nachhaltigkeitsstandard des Marine Stewardship Council zertifiziert sind, verbessern ihre Umweltleistungen auch nach der Zertifizierung weiter, etwa in Bezug auf ungewollten Beifang oder den Schutz gefährdeter Arten.
Eine neue, kürzlich veröffentliche Studie zeigt, dass MSC-zertifizierte Fischereien allein im Jahr 2020 insgesamt 100 Verbesserungen realisiert haben. Beispiele für diese Verbesserungen sind Schutzmaßnahmen für geschützte Schildkröten und Makohaie sowie der Wiederaufbau der Bestände des als gefährdet eingestuften Sternrochens.
Diese Ergebnisse unterstreichen, wie das MSC-Programm Fischereien dazu anregt, nicht nur ihre Fischbestände nachhaltig zu bewirtschaften, sondern auch Best Practice-Maßstäbe für die gesamte Fischereibranche zu setzen.
Schutz gefährdeter Arten
Von den 100 Verbesserungen, die im letzten Jahr realisiert wurden, betreffen mehr als die Hälfte Schutzmaßnahmen für gefährdete, bedrohte und geschützte Arten.
Ein Beispiel dafür ist das Nachhaltigkeitsengagement der ostaustralischen Thun- und Schwertfischfischerei, die sich auf einer Distanz von bis zu 200 Seemeilen vor der Küste über die gesamte Ostküste Australiens erstreckt, von der Spitze von Cape York bis hin zur Grenze zwischen Südaustralien und dem Staat Victoria. Die Fischer erhielten das MSC-Zertifikat erstmals im August 2015 für ihre Langleinenfischerei auf Weißen Thun, Gelbflossenthun und Schwertfisch. Die Zertifizierung war jedoch an die Bedingung geknüpft, dass die Fischerei gezielte Maßnahmen zum Schutz von Schildkröten und Makohaien ergreifen und deren Effizienz nachweisen musste.
Zu diesem Zweck optimierten die Fischer ihr Fanggerät und führten spezielle Innovationen ein, darunter z. B. Rundhaken, Haken mit Lösevorrichtungen und Leinenschneider. Zudem wurde auf allen Fangschiffen ein elektronisches Überwachungssystem implementiert, um die erzielten Fortschritte in Sachen Artenschutz auch nachweisen zu können. Angesichts der Einführung und Effizienz dieser Maßnahmen wurde die Zertifizierungsauflage aufgehoben.
Eine weitere Fischerei, die Verbesserungen zum Schutz gefährdeter Arten vorgenommen hat, ist die
kanadische Schellfischfischerei in Scotia-Fundy. Die Schutzmaßnahmen, die die Fischer in ihrem Fanggebiet rund um den südlichen schottischen Schelf, die Bay of Fundy, den Golf von Maine und die Georges Bank ergriffen haben, haben erheblich dazu beigetragen, die Schellfischbestände wieder aufzubauen. Zudem hat die Fischerei ihre Auswirkungen auf andere Arten, darunter Kabeljau, weißen Seehecht und Rochen, nachweislich reduziert.
Trotz ihres Einsatzes für den Wiederaufbau dieser Fischbestände erhielten die Fischer im Rahmen ihrer Rezertifizierung 2016 eine Zertifizierungsauflage: Sie mussten das Vorhandensein effektiver Managementmaßnahmen unter Beweis stellen, um nachzuweisen, dass die Fangaktivitäten den Wiederaufbau der Sternrochenbestände nicht negativ beeinflussen.
Um diese Auflage zu erfüllen, führte die Fischerei eine Reihe von Verbesserungen ein, darunter einen Rochen-Identifikationsleitfaden, in dem die wichtigsten visuellen Merkmale von acht verschiedenen Rochenarten klar beschrieben sind, so dass sowohl auf See als auch im Hafen korrekte Informationen zur Identifizierung von Rochen gesammelt werden können. Das trug dazu bei, dass sich die Bestände des Sternrochens erholten, und in der Folge wurde die Zertifizierungsauflage aufgehoben.
„Um als nachhaltig zertifiziert zu werden, müssen Fischereien die strengen Anforderungen des MSC erfüllen“, sagt Dr. Rohan Currey, MSC Chief Science & Standards Officer. „Viele Fischereien erhalten aber darüber hinaus auch Auflagen, die an die Zertifizierung geknüpft sind. Das bedeuten, dass sie einige ihrer Praktiken innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens verbessern müssen. Über diese Auflagen sind die am MSC-Programm teilnehmenden Fischereien dazu angehalten, sich kontinuierlich zu verbessern und ihre Leistung in Richtung weltweiter Best Practice-Standards zu optimieren."
Insgesamt 15 der 100 erzielten Umwelterfolge haben dazu beigetragen, das Verständnis und das Management der Auswirkungen von Fischereien auf lokale Ökosysteme und Lebensräume zu verbessern. Ein Beispiel dafür ist die Forschung der
isländischen Krabbenfischerei zur Kartierung des Meeresbodens, um Schäden an empfindlichen Tiefseeschwammgruppen zu vermeiden.
Darüber hinaus wurden 20 Verbesserungen im Fischereimanagement und weitere 11 in Bezug auf den Zustand der Bestände von Zielfischarten umgesetzt.
Diese Ergebnisse werden dazu beitragen, die Meeresumwelt zu schützen und Fortschritte bei der Bewältigung der großen Herausforderungen zu erzielen, vor denen unsere Ozeane aktuell stehen: Nach Angaben der
Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) wird ein Drittel der Fischbestände weltweit über die Grenzen der Nachhaltigkeit hinaus befischt und weitere 60 % werden auf maximalem Niveau befischt.
Es gibt noch viel zu tun
Mittlerweile sind über 400 Fischereien weltweit nach dem MSC-Fischereistandard zertifiziert. Gemeinsam fangen sie mehr als 17 Prozent der weltweiten Fangmenge an Fisch und Meeresfrüchten aus Wildfang. Wenn jedoch alle Fischbestände mit ihren marinen Ökosysteme weltweit langfristig gedeihen sollen, sind wir darauf angewiesen, dass sich mehr Fischereien zu nachhaltiger Fischerei verpflichten.
„Nicht nachhaltige Fischereipraktiken stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Artenvielfalt und Produktivität unserer Weltmeere dar – aber wir wissen, dass sich erschöpfte Bestände und geschädigte Ökosysteme bei richtigem Management wieder erholen können“, erklärt Dr. Currey.
„Über 400 MSC-zertifizierte Fischereien auf der ganzen Welt sind bereits Vorreiter in Sachen nachhaltiger Fischerei. Oft arbeiten sie eng mit lokalen Behörden und der Wissenschaft zusammen und treiben Forschung und Innovation voran – und tragen so dazu bei, den vorhandenen Wissensschatz in puncto Fischereimanagement weiter auszubauen“, fügt Dr. Currey hinzu.
„Gerade in dieser
UN-Dekade der Ozeanforschung ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir die Zusammenarbeit und den Fortschritt auf der ganzen Welt beschleunigen, wenn wir langfristig nachhaltige Ergebnisse für unsere Ozeane erzielen wollen.“